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Gesundheit
11.10.2023
12.10.2023 20:47 Uhr

Mehr Achtsamkeit für Blinde

Trottis auf Gehwegen können eine gefährliche Stolperfalle darstellen.
Trottis auf Gehwegen können eine gefährliche Stolperfalle darstellen. Bild: zVg/www.blind.ch
Das wachsende Gesellschaftsphänomen «Unachtsamkeit» kann u.a. für blinde Menschen gefährlich sein. Die Öffentlichkeit soll darum vermehrt sensibilisiert und aufgeklärt werden.

Am 15. Oktober 2023 ist «Tag des Weissen Stocks». Grund genug, die Bevölkerung auf das Thema Achtsamkeit gegenüber Blinden aufmerksam zu machen.

Es werden rund um dieses Datum in verschiedensten Regionen der Deutschschweiz Aktionen zur Informierung und Sensibilisierung durchgeführt. So finden beispielsweise am Montag, 16. Oktober 2023 in Netstal GL und am Mittwoch, 22. November 2023 in Rapperswil Nachmittagsaktionen mit der Verkehrspolizei Glarus respektive Verkehrspolizei Rapperswil-Jona statt.

Auf www.blind.ch sind alle aktuelle Daten und Standorte aufgelistet. Gerne begrüssen wir auch Sie dort.

Bewusstsein & Aufmerksamkeit fehlen

Es gibt hierzulande knapp 400'000 sehbehinderte und davon über 50'000 ganz blinde Menschen. Nur wenige haben einen Blindenführhund an der Seite, wenn sie selbständig unterwegs sind. Was aber viele in der Hand halten, um sicher und orientiert von einem Ort zum anderen zu gelangen, ist der Weisse Stock.

Dieser Stock ist auch ein Erkennungsmerkmal und zeigt allen anderen, dass hier ein Mensch mit einer Seheinschränkung unterwegs ist, der möglicherweise nicht so schnell auf die Umwelt reagieren und ausweichen kann.

Nur, was nützt es, wenn die Passantinnen und Passanten dies nicht wissen oder zu beschäftigt sind und sie daher die Stockbesitzenden übersehen? Genau dann kann's gefährlich werden und Unfälle gibt es öfter, als wir uns vorstellen.

Dies bestätigen auch Orientierungs- und Mobilitätsfachpersonen des Schweizerischen Blindenbundes: Bei Schulungen sind Stolperfallen, Schreckensmomente und Zusammenstösse immer wieder ein Thema.

Gefahrenquellen im Alltag

Gängige öffentliche Gefahrenquellen im Alltag von Menschen mit Seheinschränkungen finden Sie in der folgenden Infobox.

  • Handynutzende vertieft in ihre Bildschirme, während sie z.B. zum Bus laufen.
  • Achtlos abgestellte oder gar hingeworfene E-Trottis auf Gehwegen sowie kreuzende und viel zu schnelle Trottifahrende.
  • Zu Fuss schlendernde Gruppen, vertieft in ihr Gespräch, von denen keiner beim Entgegenkommen ausweicht.
  • Fahrzeuglenkerinnen und -lenker, welche Menschen ignorieren, die ihren Weissen Stock am Strassenrand in die Höhe halten, weil sie damit anzeigen, dass sie die Strasse überqueren wollen. 
E-Trottis werden überall parkiert – auch dies kann gefährlich werden für blinde und sehbehinderte Menschen. Bild: zVg/www.blind.ch

Häufig wenden sich die Betroffenen nach einer brenzligen Situation an die O+M-Fachpersonen mit der Frage, wie sie hätten reagieren können.

Proaktiv können Betroffene, Fachleute und Blindenorganisationen vor allem etwas tun: Das Wissen in der Bevölkerung immer wieder auffrischen und somit versuchen, Bewusstsein und Aufmerksamkeit für sehbehinderte und blinde Mitmenschen zu schaffen.

Und das fängt beim Basiswissen an.

Was genau ist ein Weisser Stock?

Und: Was für Rechte erhalten Menschen, die mit einem solchen Stock unterwegs sind?

Der Weisse Stock ist ein wichtiges Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Personen. Er dient ihnen zur gefahrlosen Fortbewegung und Orientierung, zeigt den Mitmenschen aber auch, dass die Person eine Sehbeeinträchtigung hat.

Der Weisse Stock bietet den Betroffenen einen rechtlichen Schutz. Er ist ein offizielles Verkehrsschutzzeichen mit Vortrittsrecht beim Überqueren der Strasse.

Art. 6 Absatz 4 der Verkehrsregelverordnung VRV:
«Unbegleiteten Blinden ist der Vortritt stets zu gewähren, wenn sie durch Hochhalten des Weissen Stockes anzeigen, dass sie die Fahrbahn überqueren wollen.»

Wenn man also das Vortrittsrecht beim Überqueren einer Strasse eines Menschen mit Weissem Stock nicht beachtet, dann droht ein Strafverfahren mit Gerichtsverhandlung.

Der Weisse Stock ist ein offizielles Verkehrsschutzzeichen mit Vortrittsrecht beim Überqueren der Strasse. Bild: zVg/www.blind.ch

Wie reagiert die Bevölkerung auf den Weissen Stock?

Wenn der Weisse Stock wahrgenommen wird, dann sind die meisten Menschen interessiert, hilfsbereit, neugierig und fragen auch öfters, ob Unterstützung erwünscht ist. Leider sind jedoch viele so (mit sich selbst) beschäftigt, dass sie die Stöcke gar nicht bemerken.

Das Freihalten der weissen, taktil-visuellen Leitlinien, welche Personen mit Seheinschränkung zur selbständigen Orientierung dienen, wird auch immer wieder missachtet. Daher bitten wir Passantinnen und Passanten deren Nutzbarkeit immer zu ermöglichen.

Das Freihalten der weissen, taktil-visuellen Leitlinien, wird leider auch immer wieder missachtet. Bild: zVg/www.blind.ch

In jedem ÖV gibt es ausgewiesene Sitzplätze für Menschen mit Beeinträchtigung. Es wäre sehr schön, wenn diese freiwillig oder auf Anfrage von Betroffenen mit Weissem Stock freigegeben werden.

Grundsätzlich sind Menschen mit einem Weissen Stock in der Hand selbständig unterwegs, freuen sich aber natürlich auch über Unterstützungsangebote aufmerksamer Mitmenschen. Die gegenseitige Achtsamkeit gestaltet unser aller Leben interessanter, entspannter, freundlicher und gewinnt dadurch an Lebensqualität.

Weitere Infos rund um das Thema finden Sie auf www.blind.ch und www.blind.ch/tag-des-weissen-stockes-2023 sowie in den unten aufgeführten Dokumenten.

Schweizerischer Blindenbund/Linth24