Heidi Steck wohnt seit mehreren Monaten mit ihrer Familie in Stein am Rhein und fühlt sich dort sehr wohl. Nun empfängt sie den «Bock» an ihrem Arbeitsort – von aussen ein nüchternes Geschäftsgebäude. Im vierten Stock allerdings fühlt man sich wie in einer anderen Welt. Zarte Farben, flauschiger Teppich, gelber Sessel, Orchideen, zarter Duft nach etwas Undefinierbarem. Dann trifft man auf sie – Heidi. So nennen sie die Menschen, die sie kennen, und auch die Menschen, welche bei ihr Rat suchen. Die 55-Jährige strahlt etwas ganz Besonderes aus. Sie ist eine lebenserfahrene Frau, hat viel durchgemacht. Man spürt, dass sie Menschen liebt und es ihr ein Anliegen ist, ihnen zu helfen. Natürlich seien ihre Beratungen unter dem Namen «Quelle zum Licht» ein Geschäftsmodell, sagt sie. Dank Mund-zu-Mund-Propaganda habe sie eine grosse Kundschaft und sei nicht auf Werbung angewiesen. «Doch wenn jemand zu mir kommen möchte, welcher sich eine Beratung nicht leisten kann, biete ich sogenannte Geschenkstage an. Da reicht mir zum Beispiel auch ein Apfel als Lohn.»
Hebamme ohne medizinische Funktion
Heidi erzählt von ihrer Arbeit als Doula. «Ich bin eine Art spirituelle Hebamme, begleite die Frauen während der Schwangerschaft und wenn gewünscht auch während der Geburt, habe aber keine medizinische Funktion inne.» Sie möchte den Frauen ihre Urkraft und das Vertrauen in die eigene Intuition zurückbringen. Wenn werdende Mütter zu ihr in die Praxis kommen, gehe es zuerst einmal darum, das Baby willkommen zu heissen. Die heutige Generation von Frauen sei viel selbstbestimmter und mache sich Gedanken über die Geburt. Bei der Beratung gehe es um Themen wie Ernährung, Veränderung des Körpers, Partnerschaftsarbeit, Angst, Vergebung und innerem Frieden. Sie stelle auch direkte Fragen nach dem Vorwissen. «Was wissen Sie über die Geburt? Hat Ihnen Ihre Mutter die Geburt als etwas Natürliches vorgelebt?»
Weiblicher Körper gilt als Wunder
Viele Frauen hätten Mühe mit der Veränderung des Körpers während der Schwangerschaft. «Der weibliche Körper ist aber kein Feind, sondern ein Wunder.» Bezüglich Ernährung übernehme die werdende Mutter eine grosse Verantwortung. Genauso wichtig sei das Fundament einer guten Partnerschaft. «Ich gebe den Paaren Übungen für die Partnerschaftsarbeit zu Hause mit.» Drei- bis fünfmal suchen die werdenden Mütter während der Schwangerschaft die Praxis auf. Dabei entstehen viel Nähe und Vertrauen. Als Doula bietet Heidi auch an, bei der Geburt dabei zu sein, wenn dies gewünscht wird. Bis jetzt hätten ihre Klientinnen noch nie von diesem Angebot Gebrauch gemacht. «Durch die Stärkung ihres Vertrauens in die eigene Kraft und die vielen positiven mentalen Gedanken verlief jede Geburt selbstbestimmt und gut.»
Baby in der Schwangerschaft verloren
Heidi Steck ist selbst Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Einige Jahre nach der Geburt von Tochter Fabienne verlor sie ihr Baby in der 16. Schwangerschaftswoche. «Das war eine schwierige Zeit. Ich bekam aus dem Bekanntenkreis Kommentare wie: ‹Seien Sie doch froh, das Baby wäre sowieso nicht gesund gewesen ›.» Umso wichtiger seien ihr in ihrer Tätigkeit als Doula deshalb Dankbarkeitsrituale, um den Frauen zu vermitteln, dass jede Schwangerschaft ein Geschenk sei. Während einer der Sitzungen dürfen die werdenden Mütter Personen aus dem engsten Freundeskreis einladen. «Manchmal verzieren wir gemeinsam den Bauch oder erstellen ein Badesalz, passend zu der werdenden Mama.» Gute Gedanken und mentale Energie könnten sehr viel zu einer positiv erlebten Schwangerschaft und einer guten Geburt beitragen.
Verbindung schaffen
Ja, es sei schön, wenn man Frauen so begleiten könne. «Es fasziniert mich, wenn ich einen Teil dazu beitragen kann, Eltern und ihr Kind zu vereinen.» Eine weitere Aussage von Heidi Steck berührt. «Ich bin davon überzeugt, dass jedes Kind sich seine Eltern aussucht.» Mit diesem Gedanken, welchen sie an die werdenden Eltern weitergibt, möchte sie eine zusätzliche Verbindung zwischen dem Ungeborenen und dessen Eltern schaffen. Auch heikle Themen wie Abtreibung schliesst die mediale Lebensberaterin nicht aus. Dabei wertet sie nie. «Doch diesen Schmerz schleppt eine Frau ihr Leben lang mit sich.»
Tod als Tabuthema
Der Tod gehört genauso zum Leben wie die Geburt. «Doch über den Tod redet man nicht.» Für Heidi Steck ist der Tod allerdings kein Tabuthema. Sie bietet Sterbebegleitung an, nimmt Kontakt mit den Angehörigen auf, geht auf die Ängste und Anliegen des Sterbenden ein. «Oftmals können Sterbende nicht loslassen, machen sich Sorgen um die Zurückbleibenden.» Genauso wie bei einer Geburt ist sie auch bereit, auf Wunsch am Sterbebett zu sein, ihre positive Energie weiterzugeben in der Gewissheit, dass da ein Leben nach dem Tod kommt. Auch medial könne sie Kontakt aufnehmen, sich mit den Seelen verbinden. Oftmals helfe es, die Angehörigen darauf anzusprechen, was die grössten Sorgen der sterbenden Person seien. «Menschen können dann sterben, wenn sie in Frieden mit sich selbst sind.»
Trotz Trauer eine schöne Erfahrung
Ihre eigene Mutter hat Heidi Steck während den letzten vier Tagen des Sterbens intensiv begleitet. Trotz aller Trauer sei es für sie eine schöne Erfahrung gewesen. «Es ist wie eine Erleuchtung. Man sieht, wie eine Seele hinausgeht. Meine Mutter hat mich geboren, nun habe ich sie wiedergeboren in ein anderes Leben.»
Viele Burnout-Patienten und Menschen mit Depressionen melden sich in letzter Zeit häufiger bei ihr – vom Clochard bis zum erfolgreichen Geschäftsmann. «Man kommt zu Heidi, wenn man nicht mehr strahlt.» Sie versuche, Menschen wieder aufzurichten, deren Potenzial aufzuzeigen. «Ich möchte, dass es ihnen gut geht. Ich kann sie auf dem Weg dazu begleiten, umsetzen muss ihn jeder für sich allein.» Leben bestehe eben nicht nur aus Geld und Erfolg. Man müsse umdenken. «Meiner Meinung nach kann man Menschen in dieser Form nur begleiten, wenn man Menschen liebt und selbst schon viele Erfahrungen machen durfte.»
Zu jeder Sitzung gehört als Abschluss das Aussuchen eines handbemalten Steines. Auswählen solle man intuitiv. Auf der Unterseite des Steines ist eine Botschaft angebracht. «Veränderung» steht auf dem ausgewählten Stein.