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30.10.2025

«Szene isch Aargau» nutzt Reichweite für fragwürdige Geschäfte

Mit solchen polarisierenden Videos generieren die Betreiber von «Szene isch Aargau» Aufmerksamkeit und Geld auf Kosten anderer. Bild: Screenshot Instagram
Die Social-Media-Kanäle «Szene isch Züri» und «Szene isch Aargau» geraten zunehmend in die Kritik.

Wie das SRF-Format «Investigativ» berichtet, nutzen die Betreiber ihre enorme Reichweite auf Instagram, Tiktok und Telegram offenbar nicht nur für lokale Unterhaltung, sondern auch für kommerzielle Zwecke mit rechtlich problematischen Inhalten.

Gefälschte Markenartikel im Angebot

Gemäss «SRF Investigativ» werben die Betreiber der «Szene»-Accounts unter anderem für eine Kleidermarke namens Zhurigo, einen Süssigkeitenladen sowie einen Onlineshop namens Deluxeside. Letzterer bietet laut Eigenbeschreibung «Nachbildungen in höchster Qualität» an – also gefälschte Markenprodukte.

Der Rechtsanwalt Marc Wullschleger, Präsident des Vereins Stop Piracy, bezeichnet gegenüber SRF die Aktivitäten des Shops als «klar illegal». Gefälschte Ware zu bewerben oder zu verkaufen, verstosse eindeutig gegen das Immaterialgüterrecht.

Grosse Reichweite dank öffentlicher Blossstellung

Laut SRF gehe es bei den «Szene»-Kanälen längst nicht mehr nur um regionale Inhalte. Der Fokus liege heute auf Reichweite, öffentlicher Blossstellung und Werbeeinnahmen. «Views bedeuten Follower, bedeuten Kunden, bedeuten Geld», heisst es im Beitrag. Auf diese Weise habe sich ein System entwickelt, das auch Aargauer Follower*innen anspricht und für kommerzielle Zwecke ausnutzt.

Persönlichkeitsrechte verletzt

Neben der umstrittenen Werbung stehen die Betreiber auch wegen der Veröffentlichung von Videos ohne Zustimmung der abgebildeten Personen in der Kritik. Eine junge Frau, die in dem SRF-Bericht unter dem Namen Elena auftritt, schildert, wie sie ohne Einverständnis auf einem der Kanäle auftauchte. Das Video, aus dem Kontext gerissen, wurde auf Telegram verbreitet und erreichte dort Tausende.

«Mir ging es immer schlechter», sagt Elena gegenüber SRF. Mehrfach habe sie versucht, die Betreiber zur Löschung zu bewegen – ohne Erfolg. Erst nach einer Strafanzeige und nachdem sie den Personen hinter Zhurigo davon berichtete, sei das Video entfernt worden.

Der auf Digitalrecht spezialisierte Anwalt Thierry Burnens sieht in solchen Fällen klare Persönlichkeitsrechtsverletzungen.

Anonymität erschwert Gegenwehr

Ein zentrales Problem bleibt die Anonymität hinter den Accounts. Wer hinter «Szene isch Aargau» oder den verbundenen Profilen steckt, ist für Aussenstehende kaum nachvollziehbar. Die Betreiber treten unter Fantasienamen auf, Kontakt kann man nur per Direktnachricht auf den Plattformen aufnehmen. Betroffene, deren Bilder oder Videos ohne Einverständnis veröffentlicht werden, haben dadurch praktisch keine Chance, direkt zu reagieren oder die Löschung zu verlangen. Damit entsteht auf Social Media ein Machtgefälle: Während die Betreiber mit Reichweite und Werbung Geld verdienen, bleiben jene, die ungefragt gezeigt oder blossgestellt werden, oft schutzlos zurück.

Betreiber schweigen

Ein Mann, der laut SRF im Handelsregister als Verantwortlicher hinter Zhurigo und dem Süssigkeiten-Shop eingetragen ist, bestreitet jede Verbindung zu den «Szene»-Accounts. Er habe über die Kanäle lediglich Werbung geschaltet, liess er ausrichten. Mehrere Interviewanfragen von SRF lehnte er ab.

Elena glaubt, dass es zahlreiche weitere Betroffene gibt, die gar nicht wissen, dass sie auf einem der Kanäle veröffentlicht wurden. «Wie sollen die sich wehren?», fragt sie. Für sie ist klar: «Das Ganze ist unter aller Sau.»

Aarau24