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20.11.2024

Vom Traum zur Realität – Numa tanzt seinen Weg von Aarau nach New York

Bild: zVg.
Vor gut zehn Jahren zog es Numa aus Aarau in die Ferne. Sein Ziel: Tanzen in Amerika.

«Ich habe schon immer von einer Tanzschule in Amerika geträumt», erinnert sich Numa an den Beginn seiner Reise. Er folgte einer inneren Stimme, die ihn aus der Schweiz nach Amerika führte. «Ich bin meiner Herzensstimme gefolgt, irgendwas hat mich nach Amerika gezogen, um zu tanzen.»

Der Einstieg in die Tanzwelt von New York begann mit einem Tanzwettbewerb, bei dem der erste Platz einen zweiwöchigen Aufenthalt am Broadway Dance Center in New York versprach. Obwohl er «nur» den zweiten Platz erreichte und mit einem iPad nach Hause ging, war das für Numa kein Hinderniscder besagte Tanzakademie einen Besuch abzustatten: «Als ich dort reinlief, wusste ich, hierhin muss ich.» Er entschied sich, die Herausforderung anzunehmen, bewarb sich beim Broadway Dance Center und wurde aufgenommen. Fortan pendelte er regelmässig zwischen Aarau und New York.

Freiheit durch Tanzen

Doch der Tanz war nur ein Teil seiner Geschichte. Bereits früh hatte Numa das Gefühl, in eine Rolle gedrängt zu werden, die ihm nicht entsprach. «Das Tanzen hat mir die Freiheit gegeben, einfach mich zu sein.» Schon im Kindergarten hatte er das Empfinden, anders zu sein, und dieses Gefühl begleitete ihn über Jahre hinweg. «Niemand in meinem Umfeld war so wie ich, und das hat mich denken lassen, ich darf das nicht fühlen.» Lange verdrängte er diese Empfindungen, aber vollständig unterdrücken konnte er sie nie.

Die Frage nach dem Pronomen

In New York eröffnete sich ihm schliesslich ein neues Bewusstsein für seine Identität. «Als ich in New York ankam, wurde ich zum ersten Mal ausserhalb des Englischunterrichts in der Schule nach meinen Pronomen gefragt», berichtet er. Diese einfache Frage löste bei ihm einen wichtigen Prozess aus. «Da habe ich realisiert, ich muss mich in keine Schuhe (Gesellschaftsbild) zwängen, die mir zu klein sind. Ich kann auswählen, was für ein Paar Schuhe ich anziehen möchte.» New York gab ihm die Freiheit, er selbst zu sein, ohne sich an gesellschaftliche Erwartungen anzupassen.

Der Wechsel zwischen Aarau und New York stellte Numa jedoch vor Herausforderungen. In der Schweiz konnte er seine Transformation zunächst nicht offen zeigen. «Immer wenn ich von New York nach Aarau zurückkam, habe ich meine Transformation nicht wirklich gezeigt. In Aarau lief alles nach dem alten Schema ab.» Diese Zurückhaltung führte zu inneren Konflikten, denn «ich habe gemerkt, in New York lebte ich etwas aus, und in Aarau nicht.»

«Der Weg dahin war nicht leicht»

Nach einer weiteren Reise nach New York fasste Numa schliesslich den Entschluss, seine wahre Identität nicht länger zu verstecken: «Ich möchte und will das nicht mehr verstecken, und Aarau mag das tragen.» Doch der Weg dahin war nicht leicht. «Am Anfang war das wirklich schwierig, das auszuleben.» Numa suchte sich Unterstützung, unter anderem bei Stellen wie dem „Checkpoint“ in Zürich. «Eigentlich sollte das niemand alleine durchmachen», sagt er heute und betont, wie wichtig es ist, Hilfe anzunehmen. «Es gibt so viele gute Menschen, die einem helfen möchten.»

Parallel zu seiner persönlichen Entwicklung gründete Numa 2021 die „Numa Dance Academy“ und entschloss sich, den Tanz zu seinem Beruf zu machen. «Während der Pandemie habe ich gemerkt, mein Herz ruft nach Tanzen.» Heute führt er mit Leidenschaft seine eigene Tanzschule. «Ich habe so Freude. Ich habe so viele wunderschöne und wunderbare Leute bei mir. Es ist ein Safe Space. Das war mir immer wichtig.»

Numas Geschichte auf der Bühne

Im September stand die «Numa Dance Academy» erstmals auf der Bühne, um eine besondere Geschichte zu erzählen: Numas Geschichte. Mit 80 Tänzerinnen und Tänzern, darunter Menschen im Alter von 9 bis 60 Jahren, soll die Reise seiner Selbstfindung tänzerisch dargestellt werden. Numa selbst wird seine Geschichte mittanzen. «Ohne die anderen 80 Menschen würde ich das aber nicht schaffen, mich so verletzlich zu zeigen.»

Mit seiner Tanzschule möchte Numa nicht nur Tanz vermitteln, sondern auch Menschen inspirieren, ihre eigene Geschichte zu leben: «Ich möchte Leute zum Leuchten bringen und dass sie ihr Herz entdecken und ihre eigene Geschichte erzählen und leben. Akzeptanz und Offenheit schaffen möchte ich, und das schaffen wir auch, wenn es Mut braucht. Aber es kommt von Herzen.»

Abseits der Bühne beschreibt sich Numa als humorvollen und fürsorglichen Menschen, der grosse Träume hat und sich gut in andere hineinversetzen kann. Seine persönliche Reise zeigt, wie eng Tanz und Selbstfindung für ihn miteinander verbunden sind – eine Geschichte, die nun auch in Aarau ihren Platz gefunden hat.

Aarau24