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Kommentar
Aarau
27.07.2025
27.07.2025 08:13 Uhr

Badetücher statt Regendrainage – Aarauer Brügglifeld blamiert sich

Bild: Aarau24
Ein Spielabbruch im Brügglifeld war nur eine Frage der Zeit. Es ist ein Armutszeugnis. Der FC Aarau verdient endlich eine zeitgemässe Infrastruktur.

Was sich am Samstagabend im Brügglifeld abspielte, war bewegend. Fans, Spieler, Platzwarte – sie alle kämpften vereint gegen die Wassermassen, die das Spielfeld überfluteten. Es war eine eindrückliche Demonstration von Zusammenhalt und Herzblut. Und doch war es vor allem eines: ein weiterer trauriger Beweis dafür, dass das Stadion Brügglifeld nicht mehr zeitgemäss ist.

Ein Ball, der stehen bleibt

Der Moment, in dem der Ball in einer Pfütze liegen bleibt und nicht mehr rollt, er steht sinnbildlich für die Situation rund um das Brügglifeld. Es geht nicht mehr vorwärts. Seit Jahren wird über ein neues Stadion diskutiert, gestritten, verschoben. Während andere Städte handeln und bauen, debattieren wir weiter.

In Bern, in Zürich, in St. Gallen: Überall wurde am Samstag trotz Regen gespielt. Moderne Stadien mit funktionierender Drainage machten es möglich. Nur in Aarau wurde abgebrochen, weil unser Stadion den professionellen Anforderungen schlicht nicht mehr genügt. Es fehlt an allem, was heute im Spitzenfussball Standard ist. Der Platz war nach 65 Minuten unbespielbar. Das ist keine Wetterlaune, das ist ein strukturelles Versagen.

Badetücher gegen den Regen

Was sich daraufhin abspielte, war gleichzeitig rührend und beschämend: Mitglieder der Szene Aarau standen mit Schaufeln und sogar mit Badetüchern (!) auf dem Rasen, um das Wasser vom Spielfeld zu bekommen. Eine improvisierte Rettungsaktion mit Symbolkraft. Leidenschaft ohne Infrastruktur. Engagement ohne Unterstützung. Ein Spielfeld, das nur dank Fan-Einsatz überhaupt noch als solches erkennbar war.

Das Brügglifeld – ein Stück Nostalgie, aber keine Zukunft

Das Brügglifeld ist Kult, keine Frage. Es hat Geschichten geschrieben, Emotionen ausgelöst, Generationen geprägt. Doch Nostalgie ersetzt keine Infrastruktur. Das Stadion erfüllt die Anforderungen der Swiss Football League längst nicht mehr. Kein adäquater Gästesektor, keine ausreichende Infrastruktur für Medien und VIPs, keine Nachhaltigkeit, keine Sicherheit auf dem heutigen Stand. Und nun, wie man sieht, nicht einmal mehr ein funktionierendes Entwässerungssystem.

Genug Zeit verpasst

Die Pläne für ein neues Stadion auf dem Torfeld Süd gibt es seit Jahren. Genehmigt, finanziell abgestützt, bereit für den Baustart. Und doch stagniert das Projekt. Politischer Widerstand, juristische Verzögerungen, wirtschaftliche Zurückhaltung, die Gründe sind bekannt, aber nicht länger akzeptabel. Es geht nicht nur um Fussball, sondern um Stadtentwicklung, um Identifikation, um Perspektiven.

Jetzt ist der Moment

Der Abend war eine Blamage für den Fussballstandort Aarau. Aber auch eine Chance: Die Bilder von überfluteten Strafräumen, nassen Fans mit Badetüchern und einem kollektiven Kraftakt dürfen nicht einfach verblassen. Sie müssen zum Wendepunkt werden. Wer weiterhin zögert, verspielt nicht nur sportliches Potenzial, sondern auch Vertrauen in Politik, in Wirtschaft und in diesen Verein.

Wir fordern mit allem Nachdruck: Aarau braucht jetzt ein neues Stadion. Nicht morgen. Nicht irgendwann. Sondern jetzt.

Gian-Luca Biechler, Verleger Aarau24